
Neuroathletik im Radsport
Der Winter ist der ideale Zeitpunkt, um sich mit Neuroathletiktraining auf der Rolle oder dem Indoor-Bike umfassend für die nächste Outdoor-Saison vorzubereiten. Für Rennradfahrer und Mountainbiker wird sich dieses Training in Form von Leistungssteigerung und schnellerer und besserer Regeneration auszahlen, welche die wichtigste Voraussetzung ist für Training und Wettkampf. Das Gehirn lässt in beidem nur so viel Belastung zu, wie der Organismus voraussichtlich auch verkraften bzw. von der er sich wieder erholen kann. Die Steigerung von Stabilität der Körpermitte, eine bessere visuelle Wahrnehmung und eine schnellere Reaktionsfähigkeit schützen vor Stürzen und Unfällen.
Neurozentrierte Übungen können als gesonderte Einheit oder im normalen Training z.B. beim Ein- oder Ausfahren integriert werden. Da das Nervensystem eines jeden Menschen anders ist, gibt es auch keine standardisierten Übungen für alle. Mit verschiedenen Tests können Defizite z.B. im Gleichgewichts- oder visuellen System aufgedeckt und die Effekte verschiedener Übungen überwacht werden.
Der „Werkzeugkoffer“ der Neuroathletik ist extrem gefüllt und deshalb hier nur einige Trainingsbeispiele für die Praxis:
Training des visuellen Systems:
Periphere Wahrnehmung ist elementar für die Sicherheit. Bei einer Verbesserung erlaubt das Gehirn schnellere Geschwindigkeiten und insgesamt bessere technische Bewegungsabläufe.
Tiefensehen braucht man für das bestmögliche Abschätzen von Entfernungen z.B. zur Kurve, um im richtigen Moment die Lenkbewegung einzuleiten und den notwendigen Winkel zu erfassen.
Training des Gleichgewichtssystems
Die Stabilität in einer Bewegung wird bestimmt von den Tonus-Mustern (Spannung) der Rumpfmuskulatur, die mithilfe der Gleichgewichtsorgane in Verbindung mit den Augen reguliert werden. Hier sind es die Bogengänge und die Makulaorgane, die sich jeweils hinter den Ohren befinden, die dem Gehirn die Information über die Bewegung des Körpers im Raum geben. Gibt es von einer Seite weniger Informationen, wird das Gehirn nur so viel Bewegung und Geschwindigkeit zulassen, wie die schwächere Seite noch stabilisieren kann. Eine schlechte Technik, trotz intensiven Techniktrainings oder stagnierende Trainingsergebnisse können die Folge sein.
Unterschiedliche Reflexe sind verantwortlich für die Koordination von Kopf, Augen und Nacken innerhalb einer Bewegung. Defizite z. B. im VCR (Vestibo-Cervikaler-Reflex) bewirken, dass der Fahrer bei einer Kopfrotation (Schulterblick) die Stabilität für einen kurzen Moment verliert und damit auch die Kontrolle über die Lenkbewegung, den Rhythmus und das Tempo. In der Folge beginnt er möglicherweise zu schlingern.
Propriozeption
Das Gehirn benötigt für optimale Bewegung permanent Informationen aus den Muskeln und Gelenken über den aktuellen Zustand und die gerade ablaufenden Bewegungen. Radfahrer messen den Füssen oft keine große Bedeutung bei, obwohl im Fuß die Kraftübertragung beginnt. Wenn die Funktionalität in den Fuß- und Fußwurzelgelenken schlecht ist, kann das einen arthokinetischen Reflex auslösen, mit negativem Einfluss auf die Hüftmuskulatur. Diese spielen aber beim Radfahren bekanntermaßen eine wichtige Rolle. Mobility-Übungen und Nerv-Aktivierung verbessern zusätzlich auch die Informationsübertragung von den Füßen zu den Mustergeneratoren im Rückenmark. Diese sorgen, bei guter Informationslage, für optimale rhythmische und gleichmäßige Bewegungen, wie sie beim Laufen und Radfahren wünschenswert sind.
Atmung
Ob der Sportler eine Leistung beendet oder verringert, hängt maßgeblich davon ab, wie das Gehirn die eingehenden Informationen aus dem Körper bewertet. Mit verschiedensten Atemübungen, z.B. dem Ein- oder Ausatmen mit Widerständen, oder sogenannten Airhunger-Drills (Luftnot-Übungen), kann Einfluss auf diese Bewertung genommen werden. Beispielsweise erhöht sich die Akzeptanz gegenüber einem höheren CO₂ Spiegel. Das subjektive Gefühl „Ich kann nicht mehr“ oder auch der Wille „Ich will nicht mehr“, die zum Abbruch oder zur Verringerung der Leistung führt, tritt später auf: Der Sportler hält länger durch!
Wie schon zu Beginn erwähnt, sind hier nur Beispiele aufgeführt, wie das Neuroathletiktraining zur Leistungssteigerung und größeren Sicherheit im Radsport beitragen kann. Alles muss individuell getestet und auf den Sportler ausgerichtet werden! Hierbei hilft ein entsprechend ausgebildeter Trainer